Urknall und das Ministerium des äußersten Glücks

Wie auch schon den Tag davor nutze ich an dem Donnerstag die Möglichkeit, mich im Rahmen vom Literaturfestival über den Urknall und Quantenmechanik zu informieren. Das klingt vielleicht für die meisten eher unlustig, aber man darf überrascht sein. Die beiden Herren Raoul Schrott und Josef M. Gassner geben den Vortrag mit Schwung und Witz und dabei überraschend literarischer Nähe.
Zunächst liest Raoul Schrott ein Stück aus seinem Buch „Erste Erde“. Es beschäftigt mit dem letzten Schöpfungsmythos, der seines Wissens auf der Erde gebildet wurde und zwar von den Maori. Hier wird der Urknall poetisch beschrieben. Herr Gassner gibt sich im Anschluss große Mühe, dasselbe Thema wissenschaftlich und dennoch leicht verständlich zu vermitteln. Und es gelingt ihm wirklich gut.
Für mich irritierend ist lediglich, dass im Anschluss in der Fragerunde, doch einige Besucher sich darauf versteifen, dass er ihnen klare Antworten dazu geben soll, ob es einen Schöpfer bzw. einen Gott gibt und ob er dafür Beweise gefunden hat.
Vielleicht bin ich ein merkwürdiger Mensch, aber für mich hat das, was Herr Gassner erzählt hat, eher einen Bezug im Allgemeinen auf das Wesen der Dinge und im Besonderen auch auf die heutige gesellschaftliche und politische Situation. Das ist eventuell genauso weit hergeholt wie die Gottesfrage, erscheint mir allerdings wesentlich dringender. Und ich scheine damit schließlich nicht alleine dazustehen. Das Festivalprogramm ist überladen mit der Frage, wie man mit Krisensituationen umgehen kann, wie man die Hoffnung erhalten oder schöpfen kann und ähnlichen Themen.
Mir machen seine Ausführungen Mut, dass die Dunkelheit am Anfang etwas Neues geboren hat. Einfach weil alles im Fluss ist laut der Quantenmechanik und Schwankungen unterworfen ist und weil viel Zeit verstreichen kann. Und das eine kleine Bewegung sich blitzschnell fortpflanzen kann.
Weiter geht es im Anschluss zu Arundhati Roy, wo ich mir sicherheitshalber lieber ein Ticket besorgt habe. Zu Recht, wie ich gleich feststellen musst. Der große Saal ist komplett ausgefüllt. Die Veranstaltung beginnt verspätet und zieht sich über die Zeit hin, aber es ist es wert.
Nicht nur hat Arundhati Roy nach 20 Jahren Wartezeit einen wunderbaren und farbenfrohen Roman geschrieben, auch was sie zum Thema Schreiben und Politik zu sagen hat, ist hörenswert. Wie schon Elif Shafak am Tag zuvor betont sie, wie wichtig es für Autoren ist, ihre Meinung kund zu tun. Dass Literatur und Politik sich nicht ausschließen sondern im Gegenteil zusammen gehören. Sie sagt, man mache den Autoren klein und limitiere den Begriff Literatur, wenn man den Schreiber zum Aktivisten deklariert, nur weil er politische Essays veröffentlicht. Vielmehr sei das ein Teil der normalen Tätigkeit eines Autoren.
In ihrem Buch „Das Ministerium des äußersten Glücks“ schreibt sie über einen der Charaktere – Mulaqat Ali:
„Er glaubte, dass Poesie nahezu jede Krankheit heilen oder zumindest viel zu ihrer Heilung beitragen konnte.“
Ich weiß nicht, ob das wahr ist, aber ich hoffe es. Zumindest muss ich Arundhati Roy beipflichten – mehr denn je ist es wichtig, aufzubegehren und seine Meinung zu äußern. Sei es Autoren oder andere. Gerade Journalisten sollten sich wieder mehr trauen, ihre eigene Meinung zu vertreten. Oft genug hat man das Gefühl mit dem selben Einheitsbrei in nahezu allen Medien abgefüttert zu werden. Vielleicht sind es Autoren wie Roy, die nach wie vor die Fahne der freien und widerborstigen Meinungsäußerung hoch halten.

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